Bicicletta da Corsa - Ventisei
Shozaburo Shimanowurde 1894 in ärmlichen Verhältnissen in Sakai in der Präfektur Osaka, Japan, geboren. Noch bevor er überhaupt krabbeln konnte, wurde er Verwandten anvertraut und musste sein Elternhaus verlassen. Trotz widriger Lebensumstände zeigten sich schon indiesemfrühen Alter seinErfindungs- und Freigeist: Er erfand am laufenden Band neue Spiele für sich und seine Freunde. In der Grundschule empfand er die strikten Regeln, die kollektive Dressur sowie die hartenBestrafungen für Nichtgehorsamals dermaßen un- erträglich, dass er diese bereits im dritten Jahr verließ. Nach seinem Schulabgang musste Shozaburo seinem Großvater in dessen Landwirtschaft zur Hand gehen, während er als Anführer sei- ner Freunde die Gegend unsichermachte. Doch auch hier wurde von ihm ein Gehorsam gefordert, der nicht seinem Naturell entsprach. Das führte dazu, dass er schließlich dasHaus seines Großvaters ver- lassenmusste und Verwandten seiner Mutter, der Familie Yamauchi, anvertraut wurde. Dies sollte sich als einer der großenWendepunkte seines Lebens he- rausstellen. Die Familie seiner Mutter nahmden Jungen herzlich auf und er traf Kazuo Yamauchi, der sein lebenslanger Freund werden sollte. Seine Fähigkeit, andere zu führen, sein handwerkliches Ge- schick und seine schnelle Auffassungsgabe machten ihn dort schnell unersetzlich. 1908, mit gerade einmal 14 Jahren, verließ Shozaburo die Yamau- chis, umsich in Ausbildung zu begeben. Er wollte Klingenschmied in Sakai werden, dort damals ein traditioneller Handwerksberuf. Doch auch hier sollte er anecken: Die Auszubildenden durften nur durch Imitation ihres Meisters lernen, Kreativität oder neue Ideen zur Ver- besserung der Produktewaren verpönt. So schulte Shozaburo recht bald auf Dreher um. In Japanwar die Industrialisierung auf demVor- marsch und Maschinenarbeiter heiß begehrt. Und: Wer auch nur einen Hauch bessere Arbeit ablieferte als seine Kollegen wurde be- vorzugt behandelt. So sog Shozaburo Shimano in seiner dreijährigen Ausbildungszeit begierig alles auf, was ihm seine Lehrmeister bei- brachten. Dieser Wissensdurst brachte ihn anschließend in die un- terschiedlichsten Werkstätten, wo er seine Technik verfeinern und sein Können erweitern konnte. Die harte Arbeit zahlte sich für ihn aus: Er entwickelte sich zunehmend zu einemgefragten Vorarbeiter. NachdemerstenWeltkrieg und der damit einhergehendenRezession fand sich Shozaburo arbeitslos. Aus der Not heraus gründete er 1921 zusammen mit einem ehemaligen Kollegen eine eigene Eisenwerk- statt –die Geburtsstunde Shimanos. In der nur 40m² großen Eisen- hütte stand eine einzigeDrehmaschine, die er sich von einemFreund geliehen hatte. Ursprünglich auf die Reparatur von Maschinen spe- zialisiert, setzte Shozaburo Shimano nur ein Jahr später intuitiv aufs richtige Pferd und begann, Freilaufritzel für Fahrräder zu produzieren. Hier erkannte er seine Chance: Äußerst herausfordernd in der Her- stellung, sogar in Sakai, einer der Hochburgen der Fahrradindustrie, sah er dringenden Handlungsbedarf in der Produktverbesserung. Aus der tiefen Überzeugung heraus, dass sich ein hervorragendes Produkt praktisch von selbst verkaufen würde, arbeitete er uner- müdlich an Shimanos einzigartiger Technologie zumHärten desMe- talls. Er verbesserte die Produktionsmaschinen und rationalisierte den Herstellungsprozess. So war Shimano Iron Works schließlich in der Lage, konstant Freilaufritzel in höchster Qualität zu liefern. In diese Zeit fällt auch das erste Firmenlogo, bestehend aus drei Dol- chen und der „3“. Die drei Dolche waren eine Referenz an B.S.A., die damals die besten Freilaufritzel der Welt produzierten und drei Pis- tolen in ihrem Logo führten, die Ziffer 3 stammt aus dem zweiten Buchstaben imNamen des Gründers Sho-zabu-ro. Dieses Logo, das den Anspruch Shozaburos ausdrückte, an die Weltspitze zu gelan- gen, fand sich ab sofort auf jedem einzelnen Ritzel. Nachdem sich sein eigenes Unternehmen etabliert hatte, wandte sich Shozaburo Shimano der Fahrradindustrie als gesamtes zu. In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bestand die Fahr- radproduktion in Sakai aus kleinen Unternehmen, die in der Rezes- sion in die Krise und teilweise den Bankrott geschlittert waren. Manche verkauften nurmangelhafte Produkteminderer Qualität, die dem Wirtschaftszweig insgesamt schadeten. Es war Shozaburos feste Überzeugung, dass er selbst nur dann Erfolg haben könnte, wenn die Fahrradindustrie insgesamt blühenwürde. Aus dieser Geis- teshaltung heraus begann er sich zunehmend in den verschiedenen Industriellenvereinigungen zu engagierenund zeichnete für eine Viel- zahl von Reformen in der Fahrradbranche verantwortlich. Als Shobazuro Shimano 1958 im Alter von 65 Jahren stirbt, hinter- lässt er ein florierendes Unternehmen. Seine Herangehensweise an technische und wirtschaftliche Herausforderungen blieb in der DNA Shimanos bis zumheutigen Tag erhalten. Das nicht zuletzt deshalb, weil er sein Motto „Harmonie und Integrität“, das proaktive Lösen von Problemen und die Überzeugung, dass in einem kooperativen, harmonischen Umfeld jedes Individuum seine Persönlichkeit ver- wirklichen könne, nicht nur selbst lebte, sondern auch von seinen Mitarbeitern einforderte. Nur so ist es zu erklären, dass das Unter- nehmen Shimano – übrigens heute noch in der Hand der Gründer- familie– seit 100 Jahren den Standard in der Fahrradbranche setzt. Sei esmit dem3.3.3. Freilaufritzel von 1922, der Entwicklung der 3- Gang-Nabe von 1957 bis hin zur Einführung elektronischer Di2 Schaltsysteme. Ein Ende der Innovationen? Bei Shimano bis in die nächsten 100 Jahre nicht abzusehen. pagina #21 www.biciclettadacorsa.de Shozaburo Shimano 1894 - 1958 „Closer to Nature, Closer to People“
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