Bicicletta da Corsa - Venti­quattro

pagina #17 Die erste Route führt uns in einer großen Schleife auf der Straße von Klaksvìk Richtung Norden bis zum westlichsten Ort der Inseln – nach Vidareidi. Immer wieder peitscht uns der Wind ins Gesicht und lässt Regentropfen wie kleine Wasserbomben schmerzhaft auf der Haut zerplatzen. Zum Glück ist imWesten der Inseln kaum noch etwas auf den Straßen los. Immer wieder greift der Wind ins Rad und schleudert uns von links nach rechts und zurück. Als wir aus einem Tunnel kurz vor dem Dörfchen Ha- vannsund kommen, können wir uns vor lauter Wind kaumnoch auf demRad halten. Selbst das Atmen fällt schwer. Neben uns stürzt Wasser an einer Wand hinab. Allerdings erreicht es nicht wie gewöhnlich den Boden, sondern wird vomWind erfasst und mit voller Wucht wieder nach oben gerissen. Es scheint fast so, als würde der Wasserfall verkehrt herum laufen. Nachdem wir am Abend unser Tagesziel erreicht haben, entscheiden wir uns gegen eine Nacht im Zelt. Stattdessen trocknen wir unsere durchweichten Sachen vor der warmen Heizung. Der Wind soll die kommenden Tage genauso stark bleiben, allerdings ist weniger Regen vorhergesagt. Ein kleines Fünkchen Hoffnung! Also machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg, die westlichste der drei Hauptinseln zu ver- lassen und auf die größte Insel „Eysturoy“ zu fahren. Um die Inseln miteinander zu verbinden, haben die Färöer riesige Tunnelröhren in den Atlantik gegraben, durch die wir nun mit unseren Bikes rollen. 8 kmDun- kelheit. Hier und da kommt ein Auto vorbei, erhellt die schwarzen Wände für ein paar Augenblicke, bevor uns die Dunkelheit wieder umhüllt. Es tropft von der Decke. Mit dem Wissen, dass hunderte Tonnen Was- ser direkt über unseren Köpfen in den Fjorden liegen, treten wir unweigerlich fester in die Pedale. Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit den Tunnel ver- lassen und uns innerlich schon gegen das wappnen, was wir am Eingang des Tunnels hinter uns gelassen hatten, erwartet uns genau das Gegenteil: Blauer Himmel, wärmende Sonnenstrahlen auf unserer Haut und das Gefühl, plötzlich zurückkehrender Lebens- geister. So macht uns sogar die lange Schiebepas- sage an der Steilküste von Elduvik nichts aus. Als wir unseren Schlafplatz erreichen, können wir unseren Reiseproviant – Spaghetti Carbonara aus der Tüte – im Trockenen zubereiten, bevor wir uns vollkommen entkräftet in unsere Schlafsäcke verziehen. Flatsch. Max dreht sich murrend auf die andere Seite und verkriecht sich tiefer in seinen Schlafsack. Flatsch. Jetzt hat es mich getroffen. Während ich mich halb im Tiefschlaf frage, was gerade mein Ge- sicht abgeleckt hat, trifft mich die völlig durchnässte Zeltplane noch einmal. Auf meinen Reisen habe ich schon viele ungemütliche Wetter durchgestanden, aber Angst um mich und mein Zelt hatte ich nie. Sturmböen peitschen über uns hinweg. Regen prasselt nicht mehr auf, sondern durch das Zelt. Und das alles, während Max sich noch einmal genüsslich umdreht und einfach weiterschläft! Wie der nächste Tag für mich aussieht? Genauso, wie man sich einen Tag imGegenwind nach einer schlaflo- sen Nacht vorstellt. Die Rettung? Eine Tankstelle am

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