Bicicletta da Corsa - Ventiquattro
pagina #16 www.biciclettadacorsa.de Ich stürzte mich sofort in die ersten Recherchen und stellte schnell enttäuscht fest, dass Biken imGelände auf den Färöern verboten ist. Nachdem ich mich aber etwas eingehender mit der Thematik befasst hatte, wuchs auch mein Verständnis für die Situation. Die Population der Inseln umfasst gerade einmal 50.000 Einwohner. Die meisten davon verdienen ihr Geld mit harter Arbeit auf hoher See oder als Landwirt. Nur we- nige gehen auf heimischem Boden wandern. Die „Färinger“ betrachten ihr Land als nützlich, nicht aber als besonders schön. Daher gibt es nur wenige Wanderwege, auf denen man sich offiziell bewegen darf. Und das, wohlgemerkt, nur zu Fuß. [Route planen mit dem Schaf] Schade. Das hielt uns aber nicht davon ab, einen Bi- ketrip auf den Färöern zu planen. Wir entschlossen uns, die Gravelbikes einzupacken und die Färöer vom westlichsten zum östlichsten Zipfel auf offiziellen Wegen zu durchqueren. Normalerweise würde ich einen solchen Trip mit Goo- gle Earth vorbereiten und mir die wichtigsten Routen im Vorfeld ansehen. Auf den Färöern gibt’s aber kein Street-View, sondern „Sheep View“. Ja genau, richtig gelesen. Man hat Schafe mit einer 360° Grad Kamera ausgestattet und die Bilder imWord Wide Web zur Ver- fügung gestellt. Diese witzige Initiative wurde 2017 von Durita Dahl Andreassen, einer Bewohnerin der Fä- röer-Inseln, ins Leben gerufen. Sie wollte Google auf die in Vergessenheit geratene, kleine Inselgruppe auf- merksammachen. Und siehe da, der US-Konzern war begeistert, und seither kann man über Google Street View die Färöer-Inseln auf den Rücken von Schafen erkunden. Probiert das mal aus! Es sind knappe zwei Stunden, die wir im Flugzeug von Kopenhagen bis zu den Färöer-Inseln sitzen. Und während sich die kleine Inselgruppe im Nordatlantik aus der Luft betrachtet so ruhig und unscheinbar gibt, so merken wir spätestens beim turbulenten Landeanflug, dass der Schein trügt. Den schmalen Betonstreifen an einem Fjord nehmen wir jedenfalls nicht als Landebahn wahr. Der färöische Pilot setzt uns und unsere Bikes allerdings gekonnt auf eben dieser ab. Da sind wir also. Mitten im Nordatlantischen Ozean, zwischen Schottland und Island. Es ist Mai. Natürlich hatten wir nicht erwartet, mit kurzer Hose Fahrrad zu fahren. Doch das Wetter, das hinter dem Flughafen- ausgang herrscht, ist anders als erwartet: Ein heftiger Sturm tobt über die Inseln. [Auf Schönwetter warten ist keine Option] Wir sitzen im Bus Richtung Klaksvìk, dem Startpunkt unserer Route. Den Abend verbringen wir damit, un- sere Taschen so am Rad zu befestigen, dass sie mög- lichst wasserdicht sind, denn das Wetter ist auch für die nächsten Tage schlecht vorhergesagt. Auf Schönwetter warten ist aber keine Option. Wir sind schließlich nicht den ganzen weiten Weg hierher- gekommen, um dann in der Unterkunft zu hocken. Also schnappen wir uns am nächsten Tag unsere Räder und wagen uns raus in den Wind.
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