Bicicletta da Corsa - Venti
pagina #17 Und so durchquerte der RUSH sechs Bundesländer mit den unterschiedlichsten Dialekten, Bräuchen und Eigenheiten. Von Berlin ging es über Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in Richtung Süden. Nach einem kurzen Abstecher durch Tschechien rollten die Teilneh- mer durch Niederbayern, vorbei an Landshut und dem Oktoberfest in München, weiter an den Alpenrand imWerdenfelser Land und schließlich nach Tirol. Mit dabei: Zwei Fahrer, ein Koch, eine Masseurin, Fotograf und Kameramann. Der Aufwand hat sei- nen Grund: „Wir wollen unseren Teilnehmern hier etwas ganz Besonderes bieten“, erklärt Veran- stalter Hans-Peter Kreidl, „alle sollen sich wohlfühlen und gut versorgt sein.“ Also organisiert er mit seinem Team ein Rundum-sorglos-Paket mit Gepäcktransport, gepflegten Hotels, abwechs- lungsreichen Zwischenstopps und – für die Regenation wichtig: viel gutem Essen. Wie das konkret aussieht zeigt sich auf der zweiten Etappe, gute 95 Kilometer hinter Torgau. Koch Harald hat eine ziemlich professionelle Campingküche imGepäck. Auf einemParkplatz amRande der Straße mitten im Nirgendwo steht er bereit und bekocht die RUSH-Starter mit frischer Pasta, Salat und Kuchen. Aus seinemBus hat er lange Tische und Bänke herbeigezaubert und eine Lunch- Buffet aufgebaut. So eine Pause kann man auch schlechter treffen. Was den Deutschland RUSH besonders macht, zeigt zum Beispiel auch der Zwischenstopp am vierten Tag. Die Etappe von Regensburg über 224 Kilometer nach Penzberg zieht sich. Es wird immer kälter und es regnet. In Windischeschenbach hat keiner der Fahrer noch einen trockenen Fetzen Stoff am Leib. Es sind Momente wie dieser, die einen an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns zweifeln lassen. Die Rettung kommt in Form eines frischen warmen Laibs Brot. Bio-Bäcker Georg Forster hat seine wohlig warme Backstube geöffnet. Während die Trikots der Fahrer vor sich hin dampfen, serviert Georg belegte Semmeln, frisches Brot und für die Nerven ein kühles Bier. Das reicht für die letzten 100 Kilometer des Tages. Die dritte Etappe beginnt trübe. Dichte Regenwolken haben sich am Alpenrand festgesetzt. Erst nieselt es, dann wird es immer dunkler, finster und schließlich schüttet es wie aus Eimern. Die Räder wirbeln das Wasser vom Asphalt auf, in der Gischt sind die Farben der Regenjacken kaum mehr zu erkennen. Jemand singt ein Lied. Der letzte Anstieg hoch an die Talstation der Ehrwalder Zugspitzbahn zehrt noch einmal an den Kräften, doch das nahe Ziel setzt noch einmal ungeahnte Energien frei. ImZiel: Umarmungen, Schulterklopfen und kleine Freudentränen. Und kurze Ernüch- terung als klar wird, dass Ehrwald das endgültige Ziel bleiben muss. Denn was unten als Dauerregen fällt, verwandelt den Gipfel in eine weißeWüste. Dichter Schneefall und starker Windmit teils stürmischen Böenmachten einen Gipfelsieg unmöglich. „Die Sicherheit der Sportler geht immer vor“, sagte Hans-Peter Kreidl in Ehrwald. „Für einen Gutteil der Truppe ist das aber nur Ansporn, es im kommenden Jahr noch einmal zu versuchen.“ Als Eva Kruse das Ziel amFuß der Zugspitzbahn erreicht, hat sie trotz des Dauerregens noch immer dieses Lächeln im Gesicht. „Was vom Deutschland RUSH im Kopf bleibt? Die Erinnerung an vier- einhalb abwechslungsreiche und unvergessliche Tage im Sattel. Die liebenswerten und völlig un- komplizierten Menschen, die ich kennengelernt habe und die Erkenntnis, dass solche verrückten ”
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