Bicicletta da Corsa - Diciannove
pagina #18 www.biciclettadacorsa.de „Das Rad ist mein bester Trainingspartner und engster Freund im Sommer“ , erzählt Benjamin Karl, wie er auf die Idee kam, den Ötztaler Radmarathon zu bestreiten. „Ich war immer viel in den Bergen unterwegs, irgendwann stieg ich aufs Bike, so hab ich eine große Leidenschaft entdeckt. Mit 15 war ich Lizenzfahrer und wurde sogar 3. In der Cross Country Serie in Niederösterreich. Meine erste Extremdistanz fuhr ich mit 19: die A-Strecke der Salzkammergut-Trophy. Bei diesem MTB-Marathon wurde ich als jüngster Teilnehmer 22.“ Überkommt ihn im Winter die Sehnsucht nach demRad, dann trägt er sich Renntermine für den Sommer ein: Race Around Austria, Transalp mit Bike und Rennrad, Salzkammergut Trophy, Super Giro Dolomiti, Red Bull Dolomitenmann. „Den Ötzi hab ich schon lange auf meiner To-Do-Liste stehen. Bisher dachte ich mir immer, der ist mir zu spät, aber heuer hatte ich einfach zu große Lust mal dort am Start zu stehen.“ Als Ötzi-Neuling steckt man nicht mal als Profisportler seine Ziele allzu hoch. Benjamin erklärt, dass er die Distanz „ohne mentale Gewalt“ schaffen wollte, dass er versuchen wollte, selbst am Timmelsjoch noch Spaß amFahren zu haben und das schöne Tal zu genießen. Gar nicht so einfach, wenn man wenige Tage vor dem Rennen draufkommt, dass man „echt schlechte Beine“ hat. „Bis zuletzt wusste ich nicht, ob ich das schaffen kann. Eine Abmachung mit Leo Hillinger am Tag davor, das Rennen gemeinsammit guten Freunden zu bestreiten und den Genuss in den Vorder- grund zu rücken, also wirklich und nicht, sobaldman eine Startnummer amRad hat, wie der blöde in die Pedale zu treten, brachte dann die endgültige Entscheidung mitzumachen.“ Als alter Radfan ließ er sich natürlich das Profirennen nicht entgehen. Er und ein paar Jungs fuhren raus nach Ötz und ein Stück weit rauf Richtung Küthai, um Freunden wie Alban Lakata und Daniel Federspiel live bei der Arbeit zuzusehen und um sie kräftig anzufeuern. „Ich muss schon sagen, das war schon inspirierend und unglaublich motivierend wie die Männer den Berg rauf strampel- ten. Danach fuhren wir mit den ersten Profis, die schon aufgegeben hatten wieder zurück nach Sölden.“ Entspannte Vorbereitung auf den großen Tag. Und für den hatte er sich einen Plan zurecht gelegt: „Ich unterpacete ins Küthai, auf den Brenner und sogar noch am halben Jaufenpass. Wir hatten wirklich großen Spaß, das Ding gemeinsam zu befahren. Bergauf wurde durchgehend gescherzt, was vielleicht dem Einen oder Anderen auf die Nerven ging, aber das war uns egal. Wir waren glücklich dabei zu sein und den unglaublich schönen Tag auf demRad verbringen zu dürfen.“ Danach verabschiedete er sich von Leo Hillinger und zog das Tempo mit einem guten Freund etwas an. „Mir gings gewaltig und ich fühlte mich nach der geilsten Abfahrt meines Lebens runter vom Jaufenpass wie frisch geladen. Meinem Freund gings leider nicht mehr so gut und so supportete ich ihn noch bis zur letzten Labe beim Speckmichl.“ Ab da fuhr er alleine weiter. „Die letzten 800 Höhenmeter vom Speckmichl rauf aufs Timmelsjoch sind einfach weit, egal wie fit man noch ist. Aber ich merkte, ich war noch besser drauf als die Meisten, denn ich konnte gefühlte 300 Radfahrer dort rauf überholen. Am Gipfel an- gekommen wusste ich noch um den gemeinen Gegenanstieg rauf zur Mautstelle und so blieben die absoluten Glücksgefühle noch fern.“ Aber alles gut – Benjamin rollte entspannt raus Richtung Sölden und kammit einer Top-Zeit von 8:45:41 als Gesamt-522. ins Ziel. „Der geilste Moment - und das ist für mich als Snowboarder klar - waren die gesperrten Abfahrten die mir in ewiger Erinnerung bleiben werden. So etwas hab ich am Rennrad noch nie erlebt. Von meiner Seite aus kann ich Ötzi-Neulingen nur raten, den Tag zu genießen, sich die Kräfte einzu- teilen und erst aufs Timmelsjoch die letzten Reserven zu verpulvern. Dann bleibt einem der Ötzi als schönste Ausfahrt des Jahres in Erinnerung.“ der Neuling #Benjamin Karl // JG 1985 // normalerweise Snowboardprofi ”
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