Bicicletta da Corsa - Ventisette

pagina #18 www.biciclettadacorsa.de Tag mit Essen und Chillen. Da es wirklich den kompletten nächsten Tag regnete, hatten wir auch kein schlechtes Gewissen dabei. Am Tag darauf hatte der Starkregen zwar abgenommen, nass war es aber noch immer und die Wettervorhersagen ließen nichts Gutes erhoffen. Nach etwas hin und her kamen wir dann doch noch in die Gänge und wir entschieden uns für die riskante Weiterfahrt. Es lag eine ganz besondere Tagesetappe vor uns: Zwei Grenzen mussten passiert werden, bevor wir endlich das Meer in Kroatien erblicken würden. Die ersten Kilometer waren schön zu fahren, immer mit dem Blick auf den künstlich angelegten Slano See. Die Gegend wurde karger und bis auf die Hauptstraße war nicht viel von Zivilisation zu erkennen, auch das Wetter wurde rauer und es begann immer wieder etwas zu nieseln. Als wir an der Grenze zu Bosnien und Herzegowina ankamen, begann es richtig zu stürmen. Zum Glück hatten die Zöllner Mitleid und ließen uns rasch passieren. Wir zogen wieder mal alles an, was wir dabei hatten, aber es war trotzdem noch kalt. Das war nicht zuletzt den 600 Downhillmetern geschuldet, die vor uns lagen. Nach gut 20 Minuten kamen wir ziemlich verfroren in Lastva an. Nachdem sich das Wetter endlich gebessert hatte, legten wir hier unsere erste Pause ein. Die kleine Ortschaft liegt verträumt an einem kleinen See, wo eine mediterrane Brise wehte, bei angenehmen 25 Grad. Wir ließen uns nicht zweimal bitten und bereiteten direkt am See unser Mittagessen zu. Die Berge ließen wir langsam hinter uns und fuhren weiter Richtung Meer. Es war kurz vor halb sechs, wir hatten bereits über 100 Kilometer auf dem Buckel, als wir die erste Meeresbrise riechen konnten. Es war ein unglaublich erleichterndes Gefühl, nach den vielen Tagen im Hinterland endlich wieder am Meer anzukommen. Wir ließen den Abend auf einem Campingplatz in Mlini bei Wein und vegetarischen Tortillas ausklingen. Die Touri-Hochburg Dubrovnik konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, darum radelten wir gleich amMorgen zur berühmten Hafenstadt und genehmigten uns ein leckeres Frühstück. Dubrovnik hat schon etwas Besonderes, die Altstadt hinter den dicken Gemäuern bietet einiges zu sehen. Es ging für uns weiter Richtung Süden, die Bucht von Kotor war unser nächstes Ziel. Doch nach einem Zwischenfall mit einer unvorsichtigenAutofahrerin, der zumGlück glimpflich ausging, entschieden wir uns, den Tag frühzeitig zu beenden. Am Strand streckten wir noch die Füße in den Sand und gönnten uns zwei Bierchen zur Feier des Tages. Am nächsten Morgen saß der Schock des Beinahe-Unfalls noch tief in Simones Knochen, dennoch versprach der Tag ein guter zu werden. Wir fuhren die gesamte Bucht von Kotor entlang und staunten über die malerischen kleinen Dörfchen, die eingekesselt zwischen dem Meer auf der einen und den Bergen auf der anderen Seite waren. Eine Szenerie wie ich sie selten gesehen habe und wohl der Traum jedes Radreisenden. Über einen letztenAnstieg verließen wir Kotor, passierten das extrem touristische Budva und kamen spät in Sveti Stefan an. Wir nutzten die letzten Sonnenstunden, um eine kleine Bucht zu besuchen, in der außer einem kleinen Restaurant nichts und niemand zu sehen war. Im Nu tauschten wir Rad gegen Badehose und sprangen nach einem langen, harten Arbeitstag auf dem Rad ins wohl verdiente montenegrinische Meer. In der darauffolgenden Nacht machten wir kein Auge zu, denn der Wind blies unerbittlich über die Felsklippe, an der wir unser Zelt aufgestellt hatten. Wie schön wäre es doch jetzt auf der Couch, dachten wir uns. Wir ließen am nächsten Morgen das Meer und damit auch die wunderschöne Küste hinter uns und bogen wieder Richtung Hinterland ab. Die nächsten zwei Tage verbrachten wir auf den Straßen entlang des Shkodra Sees, der uns nach Shkodra führte. Die gut ausgebauten Straßen schlängelten sich hoch über den See entlang und boten einen grandiosen Weitblick. Nach einer ungewollten Abkürzung durch die Botanik, die wir aber mit unsern Gravelskills ohne Probleme meisterten, kamen wir gut gelaunt in der Stadt an. Somit waren wir auch zurück in unserem Ausgangsland, Albanien. Wir gönnten uns nochmal einen Tag Ruhe am See um Kraft zu tanken für unsere letzte große Etappe, die uns in den Nationalpark Theth führen sollte. Es kam wieder einmal ganz anders als gedacht. Simone kämpfte zwei Tage mit einer hartnäckigen Magenverstimmung und an ein Weiterfahren war nicht zu denken. Ihre Lebensgeister kamen langsam wieder zurück und mit ihnen auch ihr Kampfgeist. So nahmen wir die bevorstehenden 1.800 Höhenmeter in Angriff. Normalerweise wären die paar Höhenmeter kein Problem für sie, aber zwei Tage ohne Essen hinterließen ihre Spuren. Sie kämpfte und nach einem langen Tag standen wir fertig, aber glücklich auf dem Pass, der uns nach Theth führte. Nach einer kleinen Stärkung auf der Passanhöhe fuhren wir bis an das Talende des Nationalparks. Der nächste Tag sollte wieder ein Ruhetag werden, doch wir hatten die Rechnung nicht mit unserem Ehrgeiz – oder unserer Dummheit - gemacht. Bereits am Vortag bei der Abfahrt vom Pass war uns ein sehr markanter Berg ins Auge gestochen, der Arapi, auch albanisches Matterhorn genannt. Und so kam es, dass wir an unserem Ruhetag mit Fahrradschuhen und einem behelfsmäßig gebauten Rucksack den 2.270 Meter hohen Gipfel erklommen. Sichtlich geschlaucht und etwas dehydriert - wir hatten viel zu wenig Wasser mit - verbrachten wir den Abend in einer der vielen kleinen Pension in Theth. Wir plauschten etwas mit den Einheimischen über den Weg, der südlich aus dem Nationalpark führte. Wir wussten, dass die super neue Passstraße lediglich von Norden nach Theth führte. Und wir wussten auch, dass die südliche Straße etwas holprig werden sollte. Doch wir hatten absolut keine Ahnung, was uns am nächsten Tag tatsächlich bevorstehen sollte…

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